"Wider die Blauhelme des Intellekts"
Zur fortwährenden Entwaffnung des Denkens
Maiwoche 2014
"Der klassische Intellektuelle kehrt mit Wucht auf die öffentliche Bühne zurück", verkündete im Herbst letzten Jahres die Zeit. Anlass war das Bestreben 562 Intellektueller aus der ganzen Welt, die "Demokratie im digitalen Zeitalter" gegen NSA und Co. zu verteidigen. Der hamburgische Jubel verwundert, war doch der ‘kritische Intellektuelle’ - zumindest so wie ihn die Zeit und das restliche deutsche Feuilleton verstehen - unseres Wissens nie fort.
Schon 1893 schrieb Hugo von Hofmannsthal vom Bedürfnis des Dichters, "wieder dem atmenden Tage Hofdienst [zu] tun, wie es sich ziemt" - also gesellschaftlich aktiv zu sein. Die Larmoyanz seines lebensphilosophisch geprägten, aber dennoch nicht gänzlich unästhetischen Essays nahm bereits das Verhalten der europäischen Intellektuellen etwa zwanzig Jahre später vorweg: Sie ahnten, an dem gegen sie vorgebrachten Vorwurf, dass Denker zu nichts zu gebrauchen seien, könnte etwas dran sein und nahmen die grassierende Kriegsbegeisterung zu Beginn des Ersten Weltkriegs nicht nur dankbar auf, sondern heizten diese tatkräftig mit an. Die Welle von Aufrufen, Petitionen und schlechten Gedichten des Sommers 1914 war das Fanal einer im 19. Jahrhundert anhebenden Entwicklung, die Julien Benda einige Jahre später als Verrat der Intellektuellen, La trahison des clercs, charakterisierte. Stand Benda schon 1927 recht einsam mit der Überzeugung da, die Aufgabe des clercs läge in der Suche nach universell gültiger Wahrheit um ihrer selbst Willen, scheint inzwischen allein die Möglichkeit eines zweckfreien Universalismus abwegig.
Gesellschaftliches ‘Engagement’ und nicht etwa eremitisches Grübeln gilt heutzutage als die eigentliche Berufung des Denkers. Hundert Jahre nachdem sich der Verrat der Intellektuellen in all seiner Brutalität und Lächerlichkeit manifestierte, mutet es als Treppenwitz der Geschichte an, wenn die Hamburger (und Frankfurter und Münchener und Berliner ...) Bildungsbürger die Unterzeichnung einer schnöden Unterschriftenliste zum Akt des kritischen Bewusstseins adeln - ja gar einen heroischen "Epochenwechsel" (Zeit) durch sie eingeläutet sehen. Ob sie nun unterzeichnet haben oder nicht - die deutschen clercs, von Augstein über Grass und Habermas bis Walser und Zeh frönen "den politischen Passionen mit allen Mitteln der Leidenschaftlichkeit: mit Tatendrang und mit der Gier nach unmittelbaren Resultaten". Der deutsche Intellektuelle hat sich "eine staatsbürgerliche Gesinnung zugelegt und lässt sie voll durchschlagen" (Benda).
Aber nicht nur gegen die USA und Israel machen Intellektuelle mit dieser Gesinnung mobil, sondern sie tragen mit ihren Verweisen auf "Sprechorte" und die eigene Betroffenheit auch dazu bei, Kritik unmöglich zu machen und die herrschenden Verhältnisse zu verschleiern. Gegen die Entwaffnung des Denkens, das sowieso nicht darf, was es kaum mehr kann, richtet sich die diesjährige Maiwoche.
Die nonkonformistische Revolte. Zur Rekonstruktion von Gesellschaft, Natur und Subjektivität in den Queer- und Postcolonialstudies
Vortrag und Diskussion mit Martin Dornis
Freitag, 16. Mai 2014 ab 18.30 Uhr -- HU, Dorotheenstraße 26, HS 208
Namentlich in der antirassistischen und antisexistischen Linken sind poststrukturalistische Theoreme ungebrochen in aller Munde. Rasse oder Geschlecht gelten als kritisiert, sofern sie als Konstrukt entlarvt und nur noch "markiert" verwendet werden. Die zentralen Kritikpunkte dieser Denkrichtungen sind nicht ohne Grund Normen, Konventionen und Regeln.
Mit dieser Kritik an der Normierung allerdings ist nicht nur diese selbst kritisiert, sondern sie vielmehr als Kern dessen ausgemacht, was man sich unter Gesellschaft vorstellt. Damit aber wird das Kritisierte unter der Hand ins Maßlose überhöht. Ein derartiges Vorgehen betreibt die begriffliche Zerstörung von Natur sowie Gesellschaft und zerstört so jede Möglichkeit von Kritik, denn ohne das Gegenteil von Gesellschaft, also ohne Natur, ist ein Begriff von Gesellschaft sowenig zu halten. Die von den Poststrukturalisten so heftig attackierten "Dichotomien" können mitnichten als pure grammatische Fiktionen entlarvt werden. Sie entspringen dem nicht nur allen Diskursen, sondern auch jeder Gesellschaft vorausgesetzten Stoffwechselprozess des Menschen mit der Natur.
Die poststrukturalistische Theoriebildung sollte als intellektueller Reflex auf die spätkapitalistischen Umbrüche verstanden werden. Der einst unterm Druck sukzessiver Akkumulation und Zentralisation des Kapitals zunehmend stärker normierten und formierten Gesellschaft wurden ihre eigenen Zwänge zu eng. Sind strukturalistischen Theoreme als theoretischer Ausdruck der autoritären Gesellschaft zu kritisieren, so die im Vortrag Behandelten als Absetzungsbewegung auf dem unhinterfragten Boden des Kritisierten. Positionen von Autoren wie Foucault, Butler, Derrida und Co. sind so tatsächlich auf einen gemeinsamen Begriff zu bringen, wobei sich ihre vehementen Ablehnung des Einordnens als zentrales Moment dieser Bestimmung erweist.
Konsequenz der poststrukturalistischen Intervention gegen die Kategorisierung ist ein gegen das Abstrakte gerichteter Rekurs auf eine gute Natur, die die Menschen erreichen, indem sie sich als Produkt von Normen und Konventionen und nichts darüber hinaus zu begreifen lernen, was nichts anderes bedeutet, als sich als Teil einer angestammten Kultur anzusehen. Wer darauf beharrt, mehr und besseres zu sein als "seine" kulturelle Identität, dem wird unter der Hand bescheinigt, einer "Metaphysik der Substanz" als sprachlich generiertem Irrtum zu erliegen und dies als Unheil "westlicher Werte" über die gesamte Welt zu verbreiten. Kritik an derartigen Theoremen impliziert die Reflexion auf die Gewalt der Zivilisation, die dem Einzelnen genauso wie der Menschheit als Ganzer angetan wurde, um sich zum "Menschen" zuzurichten. Dies freilich unterscheidet sich grundlegend von der blossen Unterordnung unter Normen und Konventionen, auf die die Diskurstheoretiker abheben, denn diese setzen ja Macht und Diskurse, somit genau diesen "Menschen" zwangsläufig als gegeben voraus.
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Sehnsucht nach Differenz. Über den Verrat der Intellektuellen heute
Vortrag und Diskussion mit Andreas Benl
Dienstag, 20. Mai 2014 ab 18.30 Uhr -- HU, Unter den Linden 6, HS 3038
Während die Krise um die Ukraine allerorts heftige Kontroversen auslöst, erscheint die Beurteilung des iranischen Regimes mittlerweile fast im gesamten politischen Spektrum Deutschlands, Europas und sogar der USA wesentlich milder, Israels Warnungen werden dagegen abgetan. Die "Charme-Offensive" des neuen Präsidenten Hassan Rohani ruft einmal mehr die Kräfte des Appeasements in der westlichen Politik auf den Plan. Während diese offizielle Zusammenarbeit sich zumindest teilweise mit ökonomischen und politischen Interessen erklären lässt, wirft der "Appeal" der Islamischen Republik im Besonderen und des Islamismus im Allgemeinen bei westlichen Intellektuellen Fragen nach seiner ideologischen Attraktivität auf. Als Foucaults Apologien Khomeinis 1979 auf die mörderische Realität trafen, sah er sich noch vehementer Kritik aus der Linken ausgesetzt. Seitdem haben sich die Kräfteverhältnisse von der Kritik des Islamismus hin zur Denunziation der sogenannten Islamophobie verschoben. Wie aber erklärt sich die Bereitwilligkeit, mit der das Phantasma vom "Reformislamismus" beschworen wird - bis hin zur Forderung, Rohani den Friedensnobelpreis zu verleihen? Und warum kann die Islamische Republik ideologische Unterstützung in ganz anderem Ausmaß im Westen mobilisieren als jede säkulare Diktatur? Der Vortrag soll die historischen und ideologischen Hintergründe dieser Entwicklung beleuchten.
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Hart aber fair. Zur politisch korrekten Verwandlung von Kommunikation in Kampfsport
Vortrag und Diskussion mit Magnus Klaue
Freitag, 23. Mai 2014 ab 19.00 Uhr -- HU, Dorotheenstraße 26, HS 208
Je elaborierter das PC-Deutsch des Antisexismus und Antirassismus wird, desto stärker nähert es sich objektiv dem Gestammel der Dadaisten an - mit dem Unterschied, dass die Sprache des Dadaismus die in der Alltagskommunikation wie in der Hochsprache sedimentierte Gewalt und Dummheit zum Ausdruck bringen und die bis in die materielle Konstitutionsform von Sprache und Denken hineinreichende Verstümmelung der bürgerlichen Restsubjekte diesen schockhaft vor Augen führen wollte. Dass die Blödsinnssprache heute zur politisch korrekten Alltagskommunikation avanciert, zeigt, wie ohnmächtig bereits die Sprachkritik der Avantgarde gegenüber der gesellschaftlichen Tendenz gewesen ist und wie munter die Sachverwalter politisch korrekter Gewalt ihren zur Objektivität hypostasierten Voluntarismus inzwischen ausleben dürfen. Was sich als Ausweis von Geschlechtergerechtigkeit und Minoritätenbewusstsein - eben von „Respekt“ gegenüber allen partikularen Erscheinungsformen des falschen Ganzen - anpreist, steht indessen selbst gänzlich im Bann jener Gewalt, die zu Unrecht in der vermittelnden, auf Sublimation des blinden Affekts zielenden artikulierten Sprache vermutet wird. Diese Allianz zeigt sich praktisch in der Sympathie postmoderner Sprachdenker mit der bornierten, allein dem Bandenerhalt verpflichteten Nahkampfkommunikation des Kiez-, Kanak- und Kumpeldeutschs, das die Linguistik bis in die achtziger Jahre als Soziolekt, als sprachliche Verdoppelung von sozial bedingter Engstirnigkeit ansah, heute aber als schützenswertes Idiom entdeckt. Mit einer exponierten Vertreterin der Personalunion von Akademie und Muckibude, der promovierten Sprachwissenschaftlerin und Explicit-Language-Rapperin Lady Bitch Ray aka Reyhan Sahin, die keinen Unterschied zwischen weiblicher Selbstermächtigung und Kopftuch-Apologie, Gendertravestie und Chauvinismus mehr zu kennen scheint, wird sich der Vortrag daher genauer beschäftigen.
Eine Veranstaltungsreihe der HUmmel Antifa mit Vorträgen von Martin Dornis, Andreas Benl und Magnus Klaue.
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Wo Ich war, soll Es werden - Über Critical Whiteness und die Wiederkehr des Immergleichen
Vortrag und Diskussion mit Philippe Witzmann
Donnerstag, 31. Oktober 2013 ab 18:30 Uhr -- HU, Dorotheenstraße 26, HS 207
Die Critical Whiteness ist ein Zombie im doppelten Sinne. Alle Dummheiten, Dreistigkeiten und Lügen der antisexistischen, antiimperialistischen sowie antirassistischen Linken, derer diese inzwischen schon ad nauseam überführt wurde, feiern in dieser, sich als radikales enfant terrible inszenierenden Bewegung, die ihren Siegeszug in den Universitäten längst angetreten hat, ganz unbekümmert fröhlich Urstände. Zum anderen greift dieser sich stets als antirassistisch mißverstehende Aufstand gegen den Westen − und das meint Aufklärung, Zivilisation, Individuum und Wahrheit − insbesondere auf die Vorstellungen des nur vorgeblich gehassten Abendlandes zurück: nämlich auf die der gegenrevolutionären, deutschen politischen Romantik. Deren Credo: ich denke, also bin ich von irgendwoher, mit dem Herder und Konsorten der Philosophie der Aufklärung vorgeworfen hatten, sich arrogant im Geist über das Sein zu erheben, anstatt demütig anzuerkennen, dass »es«, also der Volksgeist stets in uns denkt, wird nun ein bißchen postmodern aufgefrischt: gegen den universalistischen Geist, die Vernunft, diesen »Dialekt mit Armee« (Dipesh Chakrabarty), bringen die Ewiggestrigen, garantiert epistemisch sensibel, die Sprechorte, die Situiert- sowie Positioniertheit in Stellung und tragen damit in lässiger Unbekümmertheit dazu bei, vor allem die subalternen »Schreie der Rebellion und des Leidens [zu]unterdrücken, sobald die Knute eine bejahrte, eine angestammte, eine historische Knute ist.« (Marx)
Gegen diese hirnlosen Für- wie Lautsprecher des kollektiven Unbewussten gilt es im Vortrag festzuhalten, dass wer dem alltäglichen Wahnsinn nicht nur islamischen Tugendterrors etwas entgegensetzen möchte, es bei »epistemischer Gewalt« leider nicht belassen kann.
Eine Veranstaltung der HUmmel Antifa.
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"Die Wahrheit der Übertreibungen"
Zum Verhältnis von Psychoanalyse und kritischer Gesellschaftstheorie
Maiwoche 2013
Jedes Subjekt in dieser Gesellschaft, ohne alle Ausnahme, ist beschädigt. Anstatt jedoch dies sich selbst einzugestehen, zieht man es vor, die psychische Deformation zu verleugnen; unbeirrt hält man daran fest, den Haushälter für ein Haus bestellen zu wollen, dessen eigener Herr man nicht ist. Die Absage an die Freud'sche Psychoanalyse stellt hierbei ein probates Mittel dar, um sich der Einsicht in die eigene Beschädigung zu erwehren.
So begibt sich ein Großteil der feministischer Kritikerinnen lieber auf die akribische Suche nach jeder Stelle, die Freud als sexistischen Macker entlarven könnte, anstatt mit einer gewissen Gelassenheit festzustellen, dass ein Bürger des ausgehenden 19.†Jahrhunderts bisweilen Ansichten zum Geschlechterverhältnis vertrat, die heute aus guten Gründen in Zweifel zu ziehen sind. Das erklärte Ziel mag hierbei nicht die komplette Erledigung Freuds, sondern seine materialistische Aktualisierung sein; indem sich dieses Unterfangen statt des Ballastes jedoch des eigentlichen Inhalts entledigt, muss es zwangsläufig scheitern.
Eine scheinbar entgegengesetzte Richtung wird in Teilen der gegenwärtigen Hirnforschung eingeschlagen: Deren Anliegen, dem spekulativen Geisteswissenschaftler Freud ein solides, angeblich in seinem Sinne liegendes neurowissenschaftliches Fundament zu geben, erweist sich als eben jene Form von Akademisierung und Popularisierung, die Detlev Claussen treffend als "Dialektik von Rühmen und Vergessen" charakterisiert hat. Zwar fühlen sich die Hirnforscher als Retter der Psychoanalyse, in der MRT-Röhre lassen sie jedoch jegliches kritische Potential der Freud'schen Theorie verschwinden.
Die verschiedenen Referenzen auf Freud verraten mehr über seine Kritiker und Adepten als über ihn selbst. Der Verdacht liegt nahe, dass es sich um verschiedene Ausdrucksformen des gleichen vatermörderischen Ansinnens handelt, wobei mit dem Vater zugleich dessen kritische Einsichten erledigt werden sollen. Aber das ist vermutlich - eine Übertreibung.
Psychoanalyse als Gendertheorie - Freud und seine Kritikerinnen
Vortrag und Diskussion mit Ljiljana Radonic
Mittwoch, 22. Mai 2013 ab 20.00 Uhr -- HU, Unter den Linden 6, HS 2014A
Freud beschreibt die weibliche Normalentwicklung als eine Verunmöglichung eines starken Ichs. Weiblich zu sein heißt laut Freud zwingend, ein Mangelwesen zu sein - das weibliche Geschlecht entsteht bei ihm durch die Anerkennung seiner Minderwertigkeit. Die Klitoris wird als unreif, die passive Vagina als natürlich weiblich gesehen. Trotz der Implikationen biologischer Determiniertheit z.B. des Penisneides ist das psychoanalytische Modell - gesellschaftlich gewendet - zur Analyse der geschlechtsspezifischen Entwicklungsbedingungen, welchen die Individuen unterworfen sind, unverzichtbar. Eine Modifikation im Rahmen der Freud'schen Kategorien ist möglich und notwendig, denn ohne Begriffe wie Verdrängung, Verinnerlichung oder Identifikation ist eine Kritik, will sie für das einzelne Subjekt Partei ergreifen, nicht denkbar.
Nur scheinbar im Rahmen dieser Kategorien bleiben die Kritikerinnen der Freud'schen Psychoanalyse, wenn sie die Rolle des Unbewussten oder die infantile Sexualität negieren, ganz zu schweigen von der idiosynkratischen Missdeutung der freudschen Konzepte. Sogar bei Analytikerinnen vertragen sich Feminismus und Psychoanalyse nicht, eine Analyse gesellschaftlicher Zwänge, die auf das Individuum im Allgemeinen und auf Frauen im Besonderen wirken, scheint ausgeschlossen. Den Höhepunkt dieser Entwicklung bildet Judith Butler, deren mit bloßen Versatzstücken arbeitendes Ressentiment die Psychoanalyse zu Tode dekonstruiert.
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Zurück zur Natur? Kritik der Neuropsychoanalyse
Vortrag und Diskussion mit Christine Kirchhoff
Freitag, 31. Mai 2013 ab 18:30 Uhr -- HU, Dorotheenstraße 26, HS 208
In der gegenwärtigen Debatte um die wissenschaftliche Neubegründung der Psychoanalyse als Neuro-Psychoanalyse ist eine Argumentationsfigur allgegenwärtig, die sich wie folgt zusammenfassen lässt: Freud, der Neurologe, habe sich von seiner Disziplin abgewandt und die Psychoanalyse als Psychologie begründet, weil die zeitgenössische Neurologie weder das Wissen noch die Methodik habe bereitstellen können, die er für eine neurologische Begründung der Psychoanalyse gebraucht hätte. Heute sei dies, dank fRMI und EEG anders: Was Freud sich nur erhoffen konnte, nämlich die Psychoanalyse vom Makel der Unwissenschaftlichkeit zu befreien, kann heute in Erfüllung gehen. Aus dem Schmuddelkind der Wissenschaften vom Menschen kann nun - so das Versprechen - ein ordentliches Mitglied der Scientific Community werden. Das kritische Potential der Psychoanalyse, die als "Eingedenken der Natur im Subjekt" (Adorno) das Naturmoment im Menschen weder wegkonstruiert noch als positiviertes verabsolutiert, bleibt dabei allerdings auf der Strecke. Wenn mit dem Versuch der Anpassung an das Methoden- und Erkenntnisideal der Naturwissenschaften aus dem psychischen Apparat - von Freud noch auf die Suche nach Lust geschickt - ein der Selbsterhaltung dienender Anpassungsapparat wird, lässt sich weder ein "Unbehagen an der Kultur" (Freud) artikulieren, noch ein gesellschaftliches Wesen denken, das zu mehr als zum Überleben in der Lage ist: Aus dem Menschen wird genau das bedürftige Naturwesen, als das er als Träger der Ware Arbeitskraft aus Perspektive des Kapitals erscheint.
Welche Funktion der Rekurs auf die Biologie für das Denken Freuds hatte, welches Verhältnis zu Aufschub, Hoffnung und Differenz die Psychoanalyse unterhält, was die Neurowissenschaften versprechen und warum dieses Versprechen so gut ankommt, soll ebenfalls Gegenstand des Vortrags sein.
Anpassung und Widerstand. Die Emigration der Psychoanalyse in die USA und das interessierte deutsch-linke Missverständnis der Ich-Psychologie
Vortrag und Diskussion mit Tjark Kunstreich
Donnerstag, 6. Juni 2013 ab 18:30 Uhr -- HU, Dorotheenstraße 26, HS 208
Mitte der Dreißigerjahre des letzten Jahrhunderts flüchteten zahlreiche Psychoanalytikerinnen und Psychoanalytiker aus Deutschland, österreich, Polen und Ungarn vor Nationalsozialismus und Faschismus in die Vereinigten Staaten. Sie nahmen ihre Geschichte im gleichen Maße mit, in dem sie diese verloren. Die noch kleine American Psychoanalytic Association (APsaA) setzte sich in Bewegung, um den Neuankömmlingen eine berufliche Perspektive zu bieten: ein in der Geschichte der Psychoanalyse bis dahin einmaliges Unternehmen, das mit vielen Problemen verbunden war, denn viele der anerkannten psychoanalytischen Intellektuellen waren keine Mediziner - die Psychoanalyse in den USA hatte sich nur qua psychiatrischer Qualifikation durchsetzen können. Zudem waren zahlreiche der Emigrierten der Linken zuzuordnen - die APsaA bemühte sich hingegen, in politischen Konflikten keine Stellung zu beziehen. Diese Widersprüche schienen sich während des Krieges gegen Japan und Deutschland zu erledigt zu haben, und nach dem großen Krieg erreichte die Psychoanalyse den Höhepunkt ihrer gesellschaftlichen Bedeutung in den USA.
Die amerikanische Version der Psychoanalyse, die Ich-Psychologie, wird jedoch in Europa heftig als Reduktion der Psychoanalyse auf eine psychiatrische Klinik kritisiert. Bemerkenswerterweise wird dabei der Beitrag vergessen, den die Psychoanalyse in den USA zum Sieg über den Nationalsozialismus leistete. Als Max Horkheimer zusammen mit Alexander Mitscherlich anlässlich des 100. Geburtstages von Sigmund Freud 1956 eine internationale Tagung in Frankfurt am Main organisierte, stand diese Initiative noch im Zeichen der Re-Education. Schon zehn Jahre später galt die Psychoanalyse als Anpassungsideologie, die wieder auf ihren gesellschaftskritischen Kern zurückgeführt werden müsse.
Heute ist von der Psychoanalyse scheinbar nicht mehr viel übrig - vom revolutionären Versprechen auch nicht. Stattdessen leiden alle an Burnout. Der Vortrag wird die Frage aufwerfen, inwiefern es einen Zusammenhang geben könnte.
Wir werden gelebt - Die Bedeutung der Freud'schen Trieblehre f¸r eine materialistische Gesellschaftskritik
Vortrag und Diskussion mit Martin Dornis
Freitag, 14. Juni 2013 ab 18:30 Uhr -- HU, Dorotheenstraße 26, HS 208
Freuds Psychoanalyse zeigt grundlegende Veränderungen im Individuum in der spätkapitalistischen Gesellschaft auf und durchschlägt diese in kritischer Absicht. Andererseits werden diese Prozesse in Freuds Trieblehre dann auch wiederum naturalisiert. Dies soll im Vortrag anhand der Entwicklung der freudschen Trieblehre nachvollzogen werden. Dabei ist zu erörtern wie Freud zur Annahme eines Todestrieb gelangte. Gerade Freuds Triebkonzept wird häufig vorgeworfen, den Menschen auf ein reines Triebwesen zu reduzieren. Dieser Vorwurf wird dem Begriff des Triebes jedoch nicht gerecht. An diesem lässt sich vielmehr aufzeigen, dass Freud darauf zielt, dass Individuum als gleichzeitig natürliches und gesellschaftliches Wesen zu kennzeichnen. Gerade die Bestrebungen, den Begriff des Triebes zu eliminieren, ist vielmehr bestens dazu geeignet, Freuds Lehre ihrer gesellschaftskritische Intention zu berauben.
Einen Mitschnitt des Vortrages gibt es [hier]
Eine Veranstaltungsreihe der HUmmel Antifa mit Vorträgen von Ljiljana Radonic, Martin Dornis, Christine Kirchhoff und Tjark Kunstreich.
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Dialektik als "Logik des Zerfalls". Adornos Hegelkritik und die Aufschlüsselung des Begriffslosen
Vortrag und Seminar mit Alex Gruber
Vortrag am Freitag, 1. Februar 2013 ab 18.30 Uhr in der Humboldt-Universität - Hörsaal 2002 Für das Seminar am 2. Februar 2013 ist eine persönliche Anmeldung per Mail erforderlich.
"Was nicht festgehalten wird, ist nichts. Was festgehalten wird ist tot." Die in dieser Sentenz des französischen Lyrikers und Essayisten Paul ValÈry festgehaltene Antithese bezeichnete Adorno einmal als das, was allein den Namen Philosophie noch beanspruchen kann: das Beharren auf der Unversöhntheit von Begriff und Sache, die jedoch nicht achselzuckend zur Kenntnis genommen, zur ontologischen Bestimmung von Sprache gar erhoben wird. Darauf ist gegen jeden Versuch zu beharren, Adornos Philosophie zur Diskurstheorie zu entschärfen, und darauf hinzuweisen, dass ohne den Begriff der Versöhnung jedes Denken bloßes Nichts bliebe. Eben jener Versöhnung zuliebe ist die Kritik jedoch auch gegen ein Denken zu richten, dass die Differenz von Denken und zu Denkendem nicht ernst genug nimmt, und Identität erschleicht, indem es im Zuge seiner Bewegung die Sache in den Begriff auflöst. Indem Adorno die Hegelsche Dialektik als Positivwerden des Begriffs kritisiert, worin das Nichtidentische subsumiert und dem vom Subjekt Veranstalteten gleichgemacht werde, versucht er Hegels Intention, die Erkenntnis der Sache selbst, zu retten.
Alex Gruber ist freier Autor und hat gemeinsam mit Philipp Lenhard den Band Gegenaufklärung. Der postmoderne Beitrag zur Barbarisierung der Gesellschaft (Ça Ira Verlag) herausgegeben.
Das Seminar wird am darauf folgenden Samstag, 2. Februar um 13 Uhr beginnen. Aufgrund begrenzter Teilnahmemöglichkeiten bitten wir um eine persönliche Anmeldung bis zum 20. Januar 2013 unter [email protected]. Den begleitenden Reader verschicken wir mit der Teilnahmebestätigung; so gewünscht kann dieser auch per Post zugesandt oder aber persönlich abgeholt werden.
Eine Veranstaltung der HUmmel Antifa.
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Ein Volk, ein Reich, eine Familie. Die Familie Martin Walser und ihre Versuche, Kritik zu kriminalisieren und den Kritiker mundtot zu machen
Vortrag und Diskussion mit Carl Wiemer
Dienstag, 29. Mai 2012 ab 20.00 Uhr in der Humboldt-Universität - Hörsaal 2002
In seiner Dokumentarkomödie ÇDer Literaturverweserí (Edition Tiamat 2010) hat Carl Wiemer Martin Walser und seine Töchter als prototypische Produkte des deutschen Kulturbetriebs gezeichnet, in dem inzestuöse Borniertheit, künstlerische Inferiorität und ein unbelehrbarer Antisemitismus stets für preiswürdig gehalten werden. Daneben begleitete er zwei Jahre lang die öffentlichen Auftritte Martin Walsers und seiner Tochter Alissa mit Aufklärungsmaterialien, die er bei deren Lesungen unters Publikum brachte. Seitdem wird er von der Familie Walser mit einer Flut von Unterlassungserklärungen, einstweiligen Verfügungen, Zivil- und Strafprozessen eingedeckt, die den Zweck verfolgen, Kritik zu kriminalisieren und den sie übenden Kritiker mundtot zu machen.
In seinem Vortrag schildert Carl Wiemer die gegen ihn gerichteten Versuche der Familie Walser, ihre Lebens- und Geschichtslügen juristisch sanktionieren zu lassen. Diese Lebens- und Geschichtslügen korrespondieren auf frappierende Weise mit jenen der deutschen Nation, was insofern nicht wunder nimmt, als von den Walsers zwei der glorreichsten deutschen Traditionen verkörpert werden, nämlich der Antisemitismus durch das NSDAP-Mitglied Martin Walser und das Denunziantentum durch seine Tochter Alissa und deren Ehemann, den STASI-Spitzel Sascha Anderson.
Außerdem geht es um die Analyse des hiesigen Kulturbetriebs als branchentypischer Gestalt eines Rackets, als deren kleinste Gestalt die Familie firmiert, während seine aggressivste Form die Nation darstellt. Nicht zufällig hat Walser die Nation stets als Großfamilie konzipiert. Das deutsche Kulturracket bringt folgerichtig den Typus des Staatsschriftstellers hervor, der sich nicht nur von staatlichen Zuwendungen nährt, sondern auch keinen Moment zögert, die staatlichen Vollzugsorgane Polizei und Justiz einzuschalten, um gegen seinen letzten Feind, den freien Autor, vorzugehen. Der Staat, der nicht umsonst allseits als Vater imaginiert wird, soll seine Polizeikräfte mobilisieren, um jene Rolle einzunehmen, die Papa Martin für seine talentfreien Töchter zeitlebens gespielt hat.
Nichts widerspricht dem Geist der Literatur mehr als die Walsersche Vorstellung, dass die Literatur ein in Erbfolge zu führender Familienbetrieb sei, in dem die Herkunft alles und die Texte nichts zählen.
Eine Veranstaltung der HUmmel Antifa.
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"I had fun once, it was awful."
Maiwoche 2012
Der Wunsch nach Glück ist anachronistisch geworden. Nicht mehr das Glücksversprechen der bürgerlichen Gesellschaft, sondern der in Aussicht gestellte Spaß treibt die Menschen in ihrer Freizeit zu wahren Höchstleistungen der Bedeutungslosigkeit: Ob es nun aus der Fabrik in den Baumarkt geht, um das eigene Heim verschönern zu können, oder aus der Marketingagentur in die Panoramabar, um dort möglichst lang zu monotoner Musik zu tanzen ñ alle versuchen vor ihrem Alltag, vor den letzten übriggebliebenen Gedanken an Widerstand zu fliehen. Angesichts von entfremdeter Arbeit und Unfreiheit erscheinen nur das Basteln von Bahnhöfen für die Merklin-Eisenbahn oder die Verhinderung von Bahnhofsneubauten in der Realität als Möglichkeiten, Ñetwas tunì und damit Ñetwas bedeutenì zu können.
Dass jedoch all diese Aktivitäten nicht über den tristen Alltag hinausweisen, ihn eher verlängern ñ man denke nur an die Partyeskapaden, an denen viele teilhaben zu müssen meinen ñ, vorbereiten ñ ÑThe Sport of Fitness has arrivedì droht eine groß angelegte neue Werbekampagne ñ, oder gar schlimmer widerspiegeln ñ Verhältnisse wie in Schützenvereinen finden sich auf dem Arbeitsmarkt nur noch sehr selten ñ, möchte kaum jemand wahrhaben. Selbst die sich kritisch gerierenden Reste der radikalen Linken fallen meist der Idee zum Opfer, ihre Parties könnten auf ein Glück verweisen, das wahrhaftig wäre. Der angebliche Hedonismus erweist sich jedoch als Mischung aus Druckablassen und Selbstzurichtung. Auch abseits dieser Szenepossen herrschen stumpfe Unterhaltung und plumpe Ablenkung. Riesige Festivals und kümmerliche Volksaufstände gegen Spekulanten nehmen sich als Freizeitbeschäftigung wenig: Hauptsache, man hat was erlebt.
Warum diese Happenings mit Erfahrung so wenig gemein haben wie Deine Lieblingssitcom mit Kritik, und warum Spaß heute meist eher Tortur gleicht, soll Gegenstand der diesjährigen Maiwoche sein.
Der große Hedonismus-Schwindel. Über die Rebellion der Angepassten
Vortrag und Diskusssion mit Jan-Georg Gerber
Montag, 7. Mai 2012 ab 19 Uhr ♦ HU, Dorotheenstraße 26, Raum 208
ÑIch will Spaß, ich will Spaßì, sang der ÑNeue-Deutsche-Welleì-Star Markus Anfang der achtziger Jahre. Dreißig Jahre später ist diese Formel ñ ÑIch will Spaß, ich will Spaß, ich gebí Gas, ich gebí Gas!ì ñ erneut zur Parole einer Generation geworden. Der Sonnenbankproll aus Brandenburg, die Friseur-Azubine aus Marzahn, der Kulturarbeiter mit Antifa-Vergangenheit und die SozPäd-Studentin mit Eso-Fimmel: sie alle zieht es Wochenende für Wochenende zu den einschlägigen Clubs, Diskotheken und unangemeldeten Freiluftpartys, wo sie sich nicht mehr zu stupider Gitarrenmusik, sondern zu mindestens ebenso stupidem Elektroschranz bewegen. Der hippe Mittelstandsnachwuchs legt gegenüber dem abgehängten Prekariat zwar ein großes Abgrenzungsbedürfnis an den Tag: Im Unterschied zu den Mandys, Kevins und Jaquelines, die bis zum großen Unglück von 2010 zur Loveparade fuhren, bevorzugen die Tilmans, Sandros und Maries das ÑFusionì-Festival oder das ÑNation of Gondwanaì im märkischen Sand. Wenn sie eine Politvergangenheit haben, Soziologie oder Gender-Studies studieren, versuchen sie darüber hinaus, ihrem Wochenendspaß einen subversiven Gehalt überzuhelfen: Weil sie nicht mehr in Sackleinen und schwarzen Kapuzenpullovern herumlaufen, sprechen sie von Individualismus; weil sie sich gelegentlich mit Koks statt mit Korn betäuben, rhabarbern sie von Hedonismus. Nicht nur durch ihre musikalischen Vorlieben wird allerdings signalisiert, dass sie von der Sonnenbankfraktion kaum mehr als ihr Standesdünkel unterscheidet: Die Spontaneität, von der sie sprechen, ist geplant; die unkommerziellen Parties sind die Testballons für den Einstieg ihrer Organisatoren ins professionelle Veranstaltungsmanagement; und ihr Hedonismus ist die Verlängerung des Leistungsprinzips in die Freizeit: Wer nicht lange genug durchhält, ist Ñoutì. Auch das arbeitswütige und obrigkeitshörige Deutschland, gegen das sie Ñravenì wollen, ist ñ wenn es denn überhaupt je bestanden haben sollte ñ längst nicht mehr existent. Hinter dem Schlagwort vom Hedonismus und dem Versuch, den wochenendlichen Tanzmarathon, wie jüngst in einem neuen Szenebestseller geschehen, in einen Vorschein auf eine bessere Gesellschaft umzulügen, verbirgt sich, mit anderen Worten, nichts anderes als eine Rebellion der Angepassten. Mit Koks & Pillen, Ketamin & Kotzen wird lediglich eine neue Runde in einem alten Spiel gegeben: Der Hedonismus ist die höchste Stufe pseudopraktischer Verblödung.
Ohne weitere Bestimmung. Über die notwendige Vergangenheit des Glücks
Vortrag und Diskusssion mit Magnus Klaue
Donnerstag, 10. Mai 2012 ab 18.30 Uhr ♦ HU, Dorotheenstraße 26, Raum 208
Glück bezeichnet weder den bloßen Zufall, der einigen hold ist, während die anderen vergeblich auf ihn warten, noch ein besonderes Verdienst, sondern ein absichtloses Gelingen, das nur der ihrer selbst inne gewordenen Menschheit zufallen kann. Als Glück der Tüchtigen, das am Ende mühseliger Arbeit warten soll, wird es ebenso zur Lüge wie das zum ökonomischen Prinzip geronnene ÑPursuit of Happinessì, welches das blinde Konkurrenzprinzip sanktioniert, bei dem jeder mit dem zufrieden sein soll, das für ihn übrigbleibt. Erst recht bezeichnet Glück keinen gesellschaftlichen Zustand, der als Ergebnis rationalistischer Planung entstehen möge. Vielmehr transzendiert es seinem Gehalt nach alle gesellschaftlichen Bestimmungen. Wohl deshalb west es in der totalen Gesellschaft als emotionstechnokratische Kategorie fort: Für das Glück muss man sich zurichten wie für Arbeit und Beziehung, und dabei hilft die zu ihrer eigenen Karikatur gewordene ÑPhilosophieì in Gestalt hauptamtlicher Reflexionssimulatoren wie Martin Seel und Wilhelm Schmid. Demgegenüber soll in Anlehnung an Adornos ÑMinima Moraliaì der Begriff des Glücks als Unabgegoltenes in seinem Verhältnis zur Zeit entfaltet werden. Gerade indem er das Geglückte ganz melancholisch stets als Vergangenes denkt, zielt der Begriff des Glücks negativ auf eine erfüllte Gegenwart, welche die Linearität der Zeit, in der alles entsteht, um zu verschwinden, für immer hinter sich gelassen hätte.
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Kulturindustrie, das sind die anderen
Vortrag und Diskusssion mit Christoph Hesse
Mittwoch, 16. Mai 2012 ab 18.30 Uhr ♦ HU, Dorotheenstraße 26, Raum 208
ìThis ideological weave of phrases is now so densely worked and imperviously matted that it obstructs any remnant of what Adornoís term, culture industry, once meant.î (Robert Hullot-Kentor)
Mit dem Begriff der Kulturindustrie hat Adorno der Kritik der sogenannten Massenkultur ihren schärfsten Ausdruck gegeben. Und zudem einen, der zielstrebig missverstanden wird: Kulturindustrie, das sind die großen Musikkonzerne und Hollywood, doch ganz sicher nicht die gutgemeinte Bastelei, derer man sich und seinesgleichen rühmt. Im übrigen herrscht Einigkeit darüber, dass, was populär ist, nicht durchaus schlecht sein könne. Adornos Kritik, die heute als überspannt und gleichermaßen überholt erachtet wird, galt nicht zuerst der unverdrossen sich selbst anpreisenden Kultur, sondern einer Gesellschaft, die es samt ihrer Kultur dahin brachte, dass die Menschheit, Ñanstatt in einen wahrhaft menschlichen Zustand einzutretenì, wie es in der Vorrede zur ÑDialektik der Aufklärungì heißt, in eine neue Art von Barbarei versank. Die törichten Schlager, denen man inzwischen allerlei Qualitäten nachsagt, hätte auch Adorno wohl ziemlich gleichmütig ertragen, wenn er nicht erkannt hätte, was es mit der in Verwaltung übergegangenen Kultur auf sich hat. Dieser Prozess hat längst auch die einstmals autonome Kunst erfasst. Vergeblich daher das scheinbar so leicht zu bewerkstelligende Kunststück, den Geltungsbereich der Kulturindustrie historisch oder geographisch einzugrenzen, um einer erklärtermaßen authentischen Kunst oder Kultur einen Platz draußen im Freien zuzuweisen. Wenn überhaupt, so enthält die Kulturindustrie selbst Ñdas Gegengift ihrer eigenen Lüge. Auf nichts anderes wäre zu ihrer Rettung zu verweisenì (Adorno).
Einen Mitschnitt des Vortrages gibt es [hier]
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Selbstopfer oder Gottesmord? Zum Urgrund des Antijudaismus im selbstvergessenen Christentum
Vortrag und Diskussion mit Thomas Maul
Dienstag, 18. Oktober 2011 ab 20.00 Uhr in der Humboldt-Universität - Raum 2014A
In ihren Aktivitäten und Verlautbarungen gegen den Berliner Papst-Besuch hat sich die radikale wie gemäßigte Linke wieder einmal als Feind jeder "menschlichen Emanzipation" (Marx) erwiesen. Weil sie das theologische Erbe des Messianismus als Voraussetzung vernünftiger Gesellschaftskritik so blindwütig ausschlägt wie sie die zivilisatorischen Errungenschaften des Christentums verdrängt, pervertiert sie die materialistische Kritik der Religion zum antireligiösen Ressentiment bzw. plumpen Dorfatheismus. Ebenso hat diese Linke aus der notwendigen Kritik des Antisemitismus, die einmal dem Kategorischen Imperativ Adornos verpflichtet war, eine bloße Jagd auf Antisemiten gemacht. Dabei verharmlost die Verklärung Josef Ratzingers zum Ober-Antisemiten nicht nur den Antisemitismus als gesamtgesellschaftliches Problem, dessen hegemoniefähige und daher – zumindest gegenwärtig – relevanteste Erscheinungen die sogenannte Israelkritik (Westen) und praktizierte Ermordung von Juden (Islamismus und Arabismus) darstellen; auch und gerade das kritikbedürftige historische wie aktuelle Verhältnis des Christentums und der Kirche insgesamt zum theologischen Antijudaismus als Wegbereiter des modernen Antisemitismus wird so desartikuliert. Demgegenüber hat die bürgerliche Antijudaismusforschung zwar den Vorteil, dieses Verhältnis ins Zentrum der Kritik zu rücken; indem sie aber den Antijudaismus – vermeintlich radikal – aus dem Neuen Testament ableitet, mithin zum "Wesen des Christentums" erklärt – und soweit gehen mittlerweile sogar "aufgeklärte" Theologen! – †schießt sie übers Ziel hinaus: der antijüdische Affekt wird rationalisiert, die jüdischen Protagonisten des Urchristentums erscheinen als die ersten Antisemiten.
Dagegen wird Thomas Maul zu zeigen versuchen, dass der Gottesmordvorwurf an die Juden – Ur-Motiv des christlichen Antijudaismus – eine heidnische Fehlinterpretation des Leidens und Sterbens Jesu ist, die im absoluten Gegensatz zu den Intentionen des Apostels Paulus und der Evangelisten steht. Damit wird die konsequente Überwindung des Antijudaismus theologisch nicht nur möglich, ohne dazu etwa die christliche Selbstidentität preisgeben zu müssen, sondern zwingend: denn erst ohne Antijudaismus wäre der Christ – und mit ihm der christliche Messianismus – vollends bei sich selbst.
Eine Veranstaltung der HUmmel Antifa.
Einen Mitschnitt des Vortrages gibt es [hier]
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Ornament und Verbrechen Der protestantische Ikonoklasmus und die Gegenaufklärung
Vortrag und Diskussion mit Magnus Klaue
Dienstag, 8. November 2011 ab 20.00 Uhr in der Humboldt-Universität - Raum 2014A
Zu den gängigen Argumenten derer, die dem Protestantismus gegenüber dem vermeintlich archaischen Katholizismus ein größeres "emanzipatorisches Potential" zutrauen, gehört die Feststellung, jener habe mit dem Primat des Wortes gegenüber dem Bild und mit der Beseitigung v‹on sinnlichem Prunk zugunsten der universalen Geltungskraft des Logos innerhalb des Christentums die Aufklärung gegenüber dem Mythos betrieben. Doch die Dialektik der Aufklärung bestimmt auch das Verhältnis von Sinnlichkeit und Geist in den beiden christlichen Konfessionen selbst. Nicht nur brach sich der Protestantismus mit der Reformation in einer barbarischen Massenbewegung Bahn, der es nicht um die Sublimierung der Sinnlichkeit zum Geist, sondern um Durchsetzung einer christlichen Volksvernunft, um Zwangsversöhnung von niedergehaltenem Trieb und autoritärem Dogma, zu tun war. Auch der protestantische Ikonoklasmus attackierte anders als das jüdische Bilderverbot das Bild nie, um dessen Bann zu brechen, sondern um das in seinem Schein aufleuchtende Versprechen von Versöhnung, das von seinem Bann freilich nicht zu trennen ist, zu exorzieren. Während in der Verherrlichung ästhetischen Scheins im Katholizismus, der immer auch überstrahlt, was er ausdrückt, die Dialektik von Bild und Begriff lebendig bleibt, vernichtet der Protestantismus mit dem Bild auch den Logos, der es zu transzendieren vermöchte. Im Hass auf das Ornamentale kündigt sich eine neue Sachlichkeit an, die mit allem Nutzlosen auch alles Lebendige aus den Herzen der Menschen tilgen möchte. Menschenfreundlich wird der Protestantismus immer nur dort, wo er der ihm eigenen Barbarei gewahr wird. Zu welcher Erkenntnis er dann fähig ist, soll an der Novelle eines der unheimlichsten Protestanten der Literaturgeschichte, an Heinrich von Kleists "Die heilige Cäcilie oder die Gewalt der Musik", veranschaulicht werden.
Eine Veranstaltung der HUmmel Antifa.
Einen Mitschnitt des Vortrages gibt es [hier]
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Zur Kritik des Immergleichen: Die Linke und der Katholizismus
Vortrag und Diskussion mit Richard Kempkens
Dienstag, 13. September 2011 ab 18.30 Uhr in der Humboldt-Universität - Raum 2002
Den politisch Engagierten in Berlin wird nicht entgangen sein, dass sich mit dem Näherrücken des Besuchs Papst Benedikts XVI. am 22. September die antikatholischen Veranstaltungsreihen verdichten, die im Fortbestehen von Kirchensteuer, Caritas und Zölibat die gravierendsten Säkularisierungsmängel unserer Zeit erblicken. Gegen den Auftritt des deutschen Papstes lassen sich auch ansonsten miteinander verfeindete Strömungen der linken und linksliberalen Öffentlichkeit mobilisieren, bietet der unwillkommene Oberhirte doch f¸r beinahe jede AG und Initiative eine Steilvorlage. Sei es Homophobie, Sexismus, Rassismus oder - in den neuesten Aufrufen prominent an erster Stelle - Antisemitismus: dieser Kirche lässt sich, sicher nicht ohne Recht, so gut wie alles vorwerfen. Die einzelnen Punkte der langen linken Anklageschrift werden dann auch anlässlich diverser Veranstaltungsreihen und den unvermeidbar dazugehörigen Aufrufen abgehandelt. Doch ein Blick auf die implizite Absicht dieser vermeintlichen Religionskritik, auf ihre Blindstellen und vor allem auf all jenes, das der linke Atheismus nicht aussprechen kann oder will, ist lohnend. Denn der Versuch, eine treffende Kritik der römischen Kirche zu formulieren, geht gerade in Deutschland mehrere Jahrhunderte zurück und hat schon sehr früh einen spezifischen Verlauf genommen, ohne den die Konstitution der deutschen Nation, ihre Krisenlösungspräferenzen und ihre heutige postnazistische Formierung nicht zu erklären sind. Ferner soll die Frage behandelt werden, welche Rolle der Antisemitismus in der Papstkritik spielt und worum es beim Skandal um die pädophilen Priester, die "Piusbrüder" und dem Ostergebet für die Juden geht.
Richard Kempkens ist Redakteur der Zeitschrift Prodomo.
Eine Veranstaltung der HUmmel Antifa.
Einen Mitschnitt des Vortrages gibt es [hier]
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Différance und Barbarei.
Zur Kritik poststrukturalistischen Denkens. Das Programm der Maiwoche 2011 als [pdf]
Veranstaltungsreihe aus zwei Vorträgen und einem Workshop vom 10. Mai bis 14. Mai 2011
Sein zum Tode. Martin Heidegger, Sayyid Qutb und die Aktualität der deutschen Ideologie
Vortrag und Diskussion mit Philipp Lenhard
Dienstag, 10. Mai 2011 ab 18.30 Uhr in der Humboldt-Universität - Kinosaal
Angesichts der jüngsten Revolution in Ägypten überschlugen sich die Experten und professionellen Verharmloser, der Muslimbruderschaft zu bescheinigen, sie sei "gemäßigt", "reformerisch" und keinesfalls eine Gefahr für die zu erschaffende Demokratie. Dementsprechend bemühte sich der Westen noch bevor Mubarak abgetreten war, die Muslimbruderschaft in die neue Regierung zu hieven, ganz so, als ob es dazu keine Alternative gebe. Woher kommt der Wahn, eine Organisation, die seit ihrer Gründung die weltweite Durchsetzung der Scharia auf ihre Fahnen geschrieben hat und die fast täglich zur Vernichtung Israels aufruft, unbedingt politisch einbinden zu wollen? Realpolitisch ist diese Frage nicht zufrieden stellend zu beantworten. Es kommt darauf an, Orient und Okzident, die islamische Welt und den säkularen Westen nicht als Gegensätze zu denken, sondern als durch das Kapitalverhältnis vermittelte Einheit. Nur so lässt sich erhellen, was die westliche Intelligenz - allen voran jene poststrukturalistischer Provenienz - an den Gotteskriegern so fasziniert.
Ausgangspunkt kritischer Gesellschaftstheorie ist die Reflexion auf Auschwitz als negativem Kulminations- und Umschlagspunkt einer Geschichte, die "unablässig Trümmer auf Trümmer häuft" (Benjamin). Der Holocaust war nicht das zwangsläufige Resultat einer Geschichte der Gewalt und Unterdrückung, sondern wurde möglich, weil sich die Scharfmacher und Antreiber die objektive Tendenz der Gesellschaft - die negative Aufhebung des Individuums - zueigen machten und sie den dankbaren Massen als Erlösung zu verkaufen imstande waren. Das verweist auf eine gesellschaftlich produzierte Todessehnsucht, die - so wird zu zeigen sein - in der Philosophie Heideggers ebenso wie in der politischen Theologie Sayyid Qutbs ihren radikalen Ausdruck findet. Beider Erfolg verdankt sich einer Attraktivität der Barbarei, deren prominenteste Zeugen die poststrukturalistischen Apologeten aus dem Westen sind.
Philipp Lenhard ist Redakteur der Zeitschrift Prodomo und hat soeben gemeinsam mit Alex Gruber den Band Gegenaufklärung. Der postmoderne Beitrag zur Barbarisierung der Gesellschaft (Ça Ira Verlag) herausgegeben.
Gegenaufklärung. Die poststrukturalistische Rehabilitierung deutscher Ideologie
Vortrag und Diskussion mit Alex Gruber
Freitag, 13. Mai 2011 ab 18.30 Uhr in der Humboldt-Universität - Raum 2002
In der akademischen Linken liegt über den Charakter der postmodernen Philosophie ein interessiertes Missverständnis vor: Dass es sich bei ihr nämlich um die legitime Nachfolgerin der Kritischen Theorie handele, ja um eine kritische Theorie auf der Höhe der Zeit. So lädt etwa die Berliner Volksbühne éiûek und Badiou zu einer Kommunismuskonferenz ein, und Alex DemiroviĆ möchte mit Foucault und Co. Marx und Adorno "wahr-sagenî. Dabei waren es gerade die französischen Philosophen, auf die der Postrukturalismus als nach eigenen Angaben post-metaphysisches Denken zurückgeht, die spätestens ab den 1960er Jahren einen nationalsozialistischen Denker rehabilitierten, indem sie in vermeintlich tabubrecherischer Weise darangingen, seine Philosophie für scheinbar "emanzipatorische" Projekte nutzbar zu machen; einen deutschen Ideologen und Eigentlichkeitsphilosophen, der sich als "Führer des Führers" (Jaspers) auserkoren sah: Martin Heidegger, der spätestens mit seinem gegen Sartre gerichteten "Humanismusbrief" zum Meisterdenker der strukturalistischen und später poststrukturalistischen Theoriebildung wurde.
Foucault etwa schrieb, sein ganzes philosophisches Werden sei durch seine Lektüre Heideggers bestimmt, welche für ihn wichtiger sei als jene von Hegel und Marx, und durch die hindurch auch erst seine Nietzsche-Rezeption zu jenem Schock werden konnte, die sein weiteres philosophisches Werk bestimmen sollte. Gemäß dem Heideggerschen Programm und in Fortsetzung von dessen Nietzschekritik versteht sich der Poststrukturalismus denn auch als Bewegung zur Dekonstruktion von Metaphysik, Vermittlungsdenken und Aufklärung ñ als Bewegung zur Auflösung von substantieller Bestimmtheit und qualitativer Bestimmung und zur Instituierung der "Ungewissensgewissheit" (Marchart) samt der daraus resultierenden Notwendigkeit zur Dezision.
Diese Bewegung ist nicht bloß als eine des Denkens zu betrachten, sondern ideologiekritisch als selbstbewußte Rationalisierung der Irrationalität und Krisenhaftigkeit der Kapitalbewegung zu dechiffrieren. Als solche ist sie nicht bloßer Nachvollzug einer objektiven Bewegung, sondern deren identifizierende Aneignung und auf Verewigung zielende Sinnstiftung. Darin erweist sie sich als genuin deutsche Ideologie.
Alex Gruber ist freier Autor hat soeben gemeinsam mit Philipp Lenhard den Band Gegenaufklärung. Der postmoderne Beitrag zur Barbarisierung der Gesellschaft (Ça Ira Verlag) herausgegeben.
Jacques Derrida als Nachlassverwalter der Heideggerschen Neoontologie
Workshop mit Alex Gruber
Samstag, 14. Mai 2011 ab 12.00 Uhr in der Humboldt-Universität - Raum nach Anmeldung
"Keine meiner Untersuchungen wäre ohne den Ansatz der Heideggerschen Fragestellung möglich gewesenÖ" (Derrida)
In diesem Workshop soll es im Anschluss an den Vortrag vom Vorabend um die Heideggerrezeption Jacques Derridas und um die Kontinuitäten gehen, in denen Derrida selbst sich verortet. Dabei wird einerseits die seinsverliebte Aufklärungs- und Subjektkritik, die Heideggers Auseinandersetzung mit Descartes charakterisiert und andererseits der "Humanismusbrief", in dem Heidegger gegen Sartres individualistischen und subjektzentrierten Existenzialismus angeht, im Mittelpunkt der Auseinandersetzung stehen. Die darin sich befindlichen Überlegungen zur Dezentrierung des Subjekts und seines Wahrheitsanspruches sind es, die die zentrale Grundlage der postmodernen Postulierung vom Tod des Subjekts abgeben, wie sie sich etwa in "Finis hominis", einer von Derridas expliziten Auseinandersetzungen mit Heidegger, oder in "Die différance" nachvollziehen lässt, in denen das Subjekt als bloßer Effekt des Seins gedacht ist.
Die Frage zur Stellung des Besonderen ist es denn auch, die den zentralen Unterschied zur Kritischen Theorie Adornos ausmacht, in der das Nichidentische als vermittelte und damit als reflexive Kategorie begriffen ist, während der Poststrukturalismus mit Heidegger gegen jede Vermittlung vorgeht und diese als "Logozentrismus" verwirft, als herrschaftliche Habhaftmachung und despotische Stillstellung der Differenz, welche eine (vor-)ontologische, jedem menschlichen Zutun entzogene und damit unmittelbare Kategorie sei.
Alex Gruber ist freier Autor hat soeben gemeinsam mit Philipp Lenhard den Band Gegenaufklärung. Der postmoderne Beitrag zur Barbarisierung der Gesellschaft (Ça Ira Verlag) herausgegeben.
Aufgrund begrenzter Teilnahmemöglichkeiten, bitten wir bis 30.04.2011 um Anmeldung unter [email protected]
Der begleitende Reader kann, nach erfolgreicher Anmeldung, abgeholt oder zugesand werden. Für den Workshop bitten wir um
einen Unkostenbeitrag von fünf Euro.
Eine Veranstaltungsreihe der HUmmel Antifa. Das Programm als [pdf] downloaden.
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"Der Tag, als ich ins Paradies wollte. Der Weg einer lebenden Bombe"
Filmvorführung und Diskussion mit Esther Schapira
Dienstag, 1. Februar 2011 ab 18.30 Uhr in der Humboldt-Universität - Hörsaal 3094
Am 2. August 2001 stieg Mohammed Besharat an einer Haltestelle im
Norden Israels in einen vollbesetzten Linienbus. Die meisten Insassen
waren Jugendliche, die am "Tag der Liebenden" zu einem Musikfestival
fahren wollten. Mohammed aber hielt eine Tasche mit einer Bombe in
seiner Hand. Menashe Nuriel, Vater von vier Kindern, war an diesem
Donnerstag der Fahrer des Busses. Als er den jungen Palästinenser
wahrnahm, spürte er, dass etwas nicht in Ordnung war. Er beobachtete
ihn und begriff plötzlich, was er plante. Ohne nachzudenken, drängte
er den Jungen aus dem Bus und verhinderte, dass die Bombe explodierte.
54 Menschen rettete Menashe Nuriel das Leben. Der Selbstmordattentäter
wurde festgenommen und sitzt seitdem in einem israelischen
Sicherheitsgefängnis.
In ihrer 60-minütigen Dokumentation befragt Esther Schapira den jungen
Attentäter nach seinen Beweggründen, spricht mit seiner Familie ¸ber
die Rekrutierungspraxis der Terrororganisationen und widerlegt die Mär
von verzweifelten Lebensumständen als Begr¸ndung von
Selbstmordanschlägen.
Der Film blickt gleichzeitig auf die Menschen, die beinahe Opfer
geworden wären: die Familie des Busfahrers, die schon immer, aber vor
allem seit diesem Tag, mit der Angst leben muss. Und die dennoch
weiter für die Friedensbewegung ist und an ein friedliches
Zusammenleben von Arabern und
Israelis glaubt.
Esther Schapira ist seit 1995 Redakteurin f¸r Politik und Gesellschaft sowie Ressortleiterin der Abteilung Zeitgeschichte beim Fernsehen des Hessischen Rundfunks.
Eine Veranstaltung der HUmmel Antifa
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Verratene Freiheit - Der Aufstand im Iran und die Antwort des Westens
Buchvorstellung mit Thomas von der Osten-Sacken
Montag, 20. September 2010 ab 18.30 Uhr in der Humboldt-Universität - Raum 1070
Es war nicht nur ein Protest gegen gefälschte Wahlen, der sich im Juni 2009 im Iran erhob, sondern ein massenhafter Aufstand einer demokratischen Revolutionsbewegung: Millionen haben sich offen gegen das iranische Regime gestellt. Doch in Europa und den USA dachte man gar nicht daran, diesen Aufstand zu unterstützen und beließ es bei Lippenbekenntnissen. "Verratene Freiheit" nimmt die westliche Iran-Politik unter die Lupe und berichtet über die Verfolgung der Opposition und von Minderheiten wie den Bahai. Die Autorinnen und Autoren aus Europa, dem Iran und den USA plädieren für einen neuen Säkularismus und gegen den "Sozialismus des 21. Jahrhunderts", wie er sich im Bündnis Ahmadinejads mit den lateinamerikanischen Linkspopulisten darstellt.
Thomas von der Osten-Sacken ist Geschäftsführer der im Nordirak tätigen Hilfsorganisation WADI e.V. - Verband für Krisenhilfe und solidarische Entwicklungszusammenarbeit (www.wadinet.de), Mitherausgeber von "Verratene Freiheit. Der Aufstand im Iran und die Antwort des Westens" ( Verbrecher 2010) und Koautor von "Der Iran - Analyse einer islamischen Diktatur und ihrer europäischen Förderer" (Studienverlag 2008).
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"Es gibt keine Dreyfusards mehr"
Redebeitrag der HUmmel Antifa auf der Kundgebung "Gegen das Bündnis der Kriegstreiber von Linkspartei und Hamas! - Solidarität mit Israel!"
Vom 12. Juni 2010
"Es gibt keine Dreyfusards mehr." schrieb der französische Philosoph Alain Finkielkraut 1987 in seinem Buch "Die Niederlage des Denkens". Darin führte er aus, wie ein vom universalistischen Anspruch der Aufklärung begründetes Denken im Zuge der Fetischisierung von als autonom und unangreifbar gesetzten Kulturen für obsolet erklärt wurde. [Weiterlesen] bzw. alle Beiträge und Grußworte [lesen].
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Gegen das Bündnis der Kriegstreiber von Linkspartei und Hamas! - Solidarität mit Israel!
Kundgebung vor dem Karl-Liebknecht-Haus
Samstag, 12. Juni 2010 ab 13 Uhr auf dem Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin-Mitte
"Das darf man Israel so nicht durchgehen lassen", schäumte Gregor Gysi; der Linkspartei-Abgeordnete Wolfgang Neskovic forderte Ermittlungen gegen Israel wegen des "Anfangsverdachts eines Kriegsverbrechens"; Nader El-Saqa von der Palästinensischen Gemeinde Deutschlands e.V. bezeichnete den israelischen Angriff als "Kriegserklärung Israels an alle auf den Schiffen vertretenen Nationen". Darin sind sich die deutschen Vertreter der humanitären Sache einig mit Tayyip Erdogan, dem türkischen Ministerpräsidenten, der hinzufügte, dass Israel ein "Geschwür" im Nahen Osten sei. Noch sind Abstufungen in den Formulierungen zu hören – doch zieht sich eine Linie von Gysi zu Erdogan, Hugo Chavez und der iranischen Führung. Und einig sind sich auch die europäischen Regierungen mit Barack Obama: Nicht das Bündnis von Linken und Islamisten sei das Problem, sondern Israel.
Den vollständigen Aufruf [lesen].
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Die Niederlage des Denkens und der Islam
Ein Plädoyer für den Universalismus
Maiwochen 2010 - Veranstaltungsreihe aus drei Vorträgen und einem Film vom 19. Mai bis zum 28. Mai 2010
Dekonstruktion und Regression, der poststrukturalistische Beitrag zur Barbarisierung der Verhältnisse
Vortrag und Diskussion mit Alexander Gruber (Wien)
Mittwoch, 19. Mai 2010 ab 18.30 Uhr in der Humboldt-Universität - Raum 1070
In seiner 1977 erschienen Schrift "Patchwork der Minderheiten", die zur Urgeschichte des poststrukturalistischen Antirassismus zu zählen ist, konzipiert Jean-François Lyotard die vom Logozentrismus befreite Gesellschaft als eine "Gruppe von heterogenen Räumen, als ein großes Patchwork aus lauter singulären Minoritäten". Die Gesellschaft, die der "différance" (Jaques Derrida) gerecht wird, ist gedacht, als ein Konglomerat von Gesetzen, Sitten und Kulturen ohne Zentrum, deren Diskurse und Praktiken per se die gleiche Wertigkeit besitzen, und die ihr Zusammenleben durch den permanenten Dialog regeln - einen Dialog der keinerlei Allgemeines kennt, da jeglicher Allgemeinbegriff metaphysische Gewalttat sei, die die Vielheit der imperialen Verfügungsgewalt eines Zentrum unterwerfe. Dementsprechend fast etwa Judith Butler Kritik an der repressiven sexuellen Zwangsmoral der islamischen Erweckungsbewegung als "kulturimperialistische Ausbeutung des Feminismus" und als Waffe, mittels derer der Westen die Erfahrung der "Dezentrierung des Subjekts" bekämpft, um sich so gewaltsam seiner Souveränität zu versichern. Die eben jener Dezentrierung entsprechende "Dekonstruktion" (Jaques Derrida) jedweden universalistischen Begriffs von Menschheit gehört zum Kernprogramm des Poststrukturalismus, das sich darin geradezu zwangsläufig gegen Israel wendet und Hamas und Hisbollah als progressive soziale Bewegungen an Board begrüßt.
Mohammed und Leviathan, der Beitrag des Islam zur Dekonstruktion der Souveränität
Vortrag und Diskussion mit Gerhard Scheit (Wien)
Freitag, 21. Mai 2010 ab 18.30 Uhr in der Humboldt-Universität - Raum 3094
Die Sharia verfährt mit den Menschen demonstrativ, als ob es keine Ware Arbeitskraft gäbe - der menschliche Körper daher nichts wäre, die Menschenrechte, die sich, wie alle Emanzipation bisher, jener Ware verdanken, zurückgenommen werden können - und noch in den speziellen Methoden der jeweiligen Strafen, des Quälens und der Hinrichtung, Gleichheit verweigert. Wenn sich Khomeini auf den Propheten beruft, um darzulegen, warum es einer staatlichen Autorität bedarf, sagt er nur eins: "He cut off hands, whipped and stoned." Die Gleichheit aber bildet sich immer wieder neu im Inneren jeder Gesellschaft, soweit sie Weltmarktbeziehungen hat, auf kapitalistische Tauschverhältnisse und industrielle Produktion, so beschränkt diese auch sei, angewiesen ist. Das heißt: sie muss auch immer wieder neu exorziert werden. Das zeigt sich besonders deutlich in der dreißigjährigen Geschichte der Islamischen Republik Iran, wo jede heranwachsende Generation, die mehr oder weniger deutlich im Namen der Gleichheit gegen das Regime rebelliert, das Opfer eines solchen Abwehrgefechts wird. Insofern es im Islam selber keine Vorstellungen und Begriffe mit rationalem Kern dafür gibt, warum die perhorreszierte Gleichheit aus dem Inneren der Gesellschaft stets aufs Neue ersteht, und sofern diese Religion anders als Judentum und Christentum solche Vorstellungen und Begriffe auch nicht duldet, kann sie ohne ein äußeres Feindbild gar nicht mehr auskommen, das den Zwang zur Souveränität, den man abstreifen möchte, verkörpert. Es suggeriert: gäbe es Israel und die USA nicht, die Umma könnte endlich alle Souveränität eliminieren und wäre die Gleichheit der Waren- und Rechtssubjekte los. Erst mit diesem Feindbild also bejahen die Anhänger Mohammeds vollständig, dass sie selbst keine Rechte als Gleiche in Anspruch nehmen können, weil es keinen Souverän geben darf neben dem einzig wahren.
Glauben lernen, über die bildungspolitische Allianz von Religion und Pädagogik
Vortrag und Diskussion mit Magnus Klaue (Berlin)
Dienstag, 25. Mai 2010 ab 18.30 Uhr in der Humboldt-Universität - Raum 3094
Theologie bezeichnet dem Wortsinn nach den Versuch, sich von Religion einen Begriff zu machen, und enthält die Möglichkeit der Religionskritik bereits in sich. Zu Beginn war Theologie Dogmatik, Selbstrechtfertigung der Religion als Lehre von der Unbefragbarkeit des Glaubens. Im Zuge ihrer Verselbstständigung als Disziplin wurde ihr ihr eigener Gegenstand problematisch, Theologie und Religion gerieten in Spannung, ja in Widerspruch zueinander. Dies jedenfalls gilt für das Christentum, vor allem für den Katholizismus, dem sich die Wahrheitsfrage anders als im Protestantismus nie in ethische Verfahrenstechnik aufgelöst hat. Als Resultat dieses Prozesses ist Theologie heute zum akademischen Fach, Religionsuntrerricht zur mal öden, mal launigen, aber meist harmlosen Freiwilligenveranstaltung geworden. Seit einigen Jahren soll dieser Prozeß rückgängig gemacht werden: Die Offensive für die Einführung eines "Ethikunterrichts" und die Initiativen zur Einrichtung islamischen Religionsunterrichts, zielen - von denselben Gruppen betrieben - gleichermaßen darauf, Theologie bzw. ihre Verfallsformen wieder unmittelbar in autoritäre Gemeinschaftskunde zu verwandeln. Weshalb sich AtheistInnen, ProtestantInnen und MuslimInnen für dieses Projekt besser eignen als KatholikInnen, und warum das deutsche Schulsystem dessen idealer Ort ist, möchte der Vortrag zu erklären versuchen.
Yol (Der Weg) von Yilmaz Güney
Film und Diskussion
Freitag, 28. Mai 2010 ab 18.30 Uhr im SBZ Krähenfuß [Ostflügel der Humboldt-Universität]
Yol ist ein Film, 1982 zwei Jahre nach dem Militärputsch in der Türkei fertig gestellt, der die Geschichte von fünf Männern erzählt, die sich während ihres Hafturlaubes in ihre, im mehrheitlich kurdischen Südosten des Landes gelegenen, Heimatorte aufmachen. Das ganze Land befindet sich im Ausnahmezustand und die Fünf müssen damit fertig werden, dass sich vieles verändert hat, während sie hinter Gittern saßen. Die Männer sind keine politischen, sondern kriminelle Gefangene und es geht auch nicht um politischen Widerstand, sondern um den ganz normalen islamischen Alltag. Es geht um Ehebruch, Ehrenmord, Zwangsverheiratung und die Unterdrückung von Frauen. Die Redaktion Bahamas hat den Film nach Jahrzehnten wieder bekannt gemacht und in den letzten Jahren in verschiedenen Städten gezeigt. Justus Wertmüller schreibt: "Die Protagonisten stehen in ihren Heimatorten scheinbar unüberwindbaren Zwängen letztlich machtlos gegenüber und zerbrechen daran. Nicht das Gefängnis, dem sie kurzfristig entkommen sind [...] ist ihr größtes Problem. Als das wahre Gefängnis stellt sich ihnen nämlich eine Gesellschaft dar, in der Clanstrukturen und religiös geprägte Moral jeden Versuch vereiteln, ein individuelles, in Grenzen gar sinnlich erfüllteres Leben zu entfalten." "Yol" ist ein kurdischer Film, er klagt die Militärherrschaft an, vollzieht aber zugleich die notwendige und vernichtende Kritik am kurdischen Nationalismus. Justus Wertmüller schreibt sogar, "Er ist die Denunziation jeden Kulturrelativismus im Namen unterdrückter Völker." Teilweise heimlich in der Türkei gedreht, fesselt dieser Film von Yilmaz Güney durch seine Bilder, die behutsame Zeichnung der Landschaft, durch die nahezu naive Einfachheit seiner allegorischen Filmsprache und sein Einfühlungsvermögen für Menschen und Milieus. Nicht zuletzt die momentanen Entwicklungen in türkischer Politik und Gesellschaft, deren Verhältnisse den Einzelnen mitunter ausweglos erscheinen müssen, verleihen diesem Film Aktualität, sehenswert ist er allemal.
Eine Veranstaltungsreihe der HUmmel Antifa den Flyer als [pdf] downloaden.
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"If I can't dance..."
Soliparty f¸r antifaschistische Politik an der Humboldt-Universität zu Berlin
Samstag, 24. April 2010 ab 22 Uhr im Café Morgenrot [Kastanienallee 85 in 10435 Berlin-Prenzlauerberg]
Line up:
provokatze [electric pop]
uli [kiezdisco progressiv remixed]
miss rottenmeier [perlen der unterhaltungskunst]
flachlandoptik [ampl:tude / postpunk, elektronik und bekloppte übergänge]
Eine Veranstaltung der HUmmel Antifa. Das Plakat als [pdf] downloaden
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Zwischen allen Stühlen: Lebenswege des Journalisten Karl Pfeifer
Filmvorführung mit Karl Pfeifer
Mittwoch, 3. Februar 2010 um 18.30 Uhr im SBZ Krähenfuß [Ostflügel der Humboldt-Universität zu Berlin]
1938 flüchtet Karl Pfeifer als Zehnjähriger mit seiner Familie aus
Österreich, zunächst nach Ungarn. Vier Jahre später erreicht er
Palästina mit einem der letzten Kindertransporte des Hashomer Hatzair.
Er lebt im Kibbuz, kämpft im Israelischen Unabhängigkeitskrieg und
kehrt Anfang der 50er Jahre nach Österreich zurück.
"In Österreich angekommen musste ich bei der Staatspolizei
vorsprechen… Heimkehrer seien in Österreich nur die, die in der
Wehrmacht bzw. in der Waffen SS gedient haben."
Der Film begleitet Karl Pfeifer an zentrale Orte seines Lebensweges.
Orte, an denen er antisemitischen Angriffen ausgesetzt war. Orte, an
denen er seine politischen Einstellungen schärfte. Seinen Lebenswegen
zu folgen bedeutet jedoch auch den Bahnen und Verstrickungen des
österreichischen Antisemitismus zu folgen.
Ein Film von Daniel Binder, Mary Kreutzer, Ingo Lauggas, Maria
Pohn-Weidinger, Thomas Schmidinger. (87 min) Eine Veranstaltung der HUmmel Antifa.
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"Fight for Freedom!" Die Legende vom "anderen Deutschland"
Buchvorstellung mit Jan Gerber und Anja Worm
Freitag, 22. Januar 2010 um 19.00 Uhr Raum 3075 Hauptgebäude der Humboldt-Universität zu Berlin
"Nach der ersten deutschen Niederlage", so erklärten Curt Geyer und Walter
Loeb 1942, "wurde der Welt die Lüge von der deutschen Unschuld
aufgetischt. Die Welt wurde eingeladen zu glauben, dass Deutschland
angegriffen wurde und dass es das Schwert zu seiner eigenen Verteidigung
gezogen hat. Eine zweite Lüge wird derzeit für den universellen Gebrauch
vorbereitet, die Lüge, dass das deutsche Volk an diesem Krieg unschuldig
ist." Während die erste Lüge inzwischen weitgehend vergessen ist, hat die
zweite nach wie vor Bestand. Die Legende vom "anderen Deutschland" war
eine der ideologischen Gründungsvoraussetzungen der Bundesrepublik und der
DDR. Sie gehört bis heute zum geschichtspolitischen Repertoire der
Berliner Republik.
Curt Geyer, Walter Loeb und die Mitglieder der
"Fight-for-Freedom"-Gruppe zählen zu den Wenigen, die dieser Legende schon
in den frühen 1940er Jahren, im britischen Exil, entgegentraten. Mit
antideutschen Schriften unterstützten sie Sir Robert Vansittart, Mitglied
des britischen Oberhauses und Publizist - und neben Henry Morgenthau bis
heute einer der meistgehassten Männer in Deutschland.
Jan Gerber und Anja Worm, die die zentralen Texte des
"Fight-for-Freedom"-Kreises erstmals in deutscher Übersetzung
herausgegeben haben, stellen in ihrem Vortrag nicht nur die Aktivitäten,
Schriften und Reflexionen dieser Gruppe vor. Sie hinterfragen zugleich die
Rede vom "anderen Deutschland". Warum konnte die Vorstellung, der
Nationalsozialismus, der Zweite Weltkrieg und Auschwitz seien den
Deutschen gegen ihren Willen von einer kleinen Clique Wahnsinniger
aufgezwungen worden, wirkungsmächtig werden? Welche Bedürfnisse bedient
die Rede vom "anderen Deutschland"? Warum wurde die
"Fight-for-Freedom"-Gruppe also trotz ihrer erfolgreichen publizistischen
Aktivitäten in Großbritannien und der zahllosen Angriffe, mit denen sie
von Seiten des arbeiterbewegten Exils - vom damaligen SAPler Willy Brandt
über den Kommunisten Jürgen Kuczynski bis hin zu den Sozialdemokraten
Friedrich Stampfer und Erich Ollenhauer - bedacht wurde, sowohl in der
deutschen Öffentlichkeit als auch im Wissenschaftsbetrieb über Jahrzehnte
hinweg ignoriert?
Jan Gerber und Anja Worm sind Herausgeber des Bandes Curt Geyer, Walter
Loeb u.a.: Fight for Freedom! Die Legende vom "anderen Deutschland"
(Freiburg: Ça Ira 2009). Eine Veranstaltung der HUmmel Antifa.
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In Memoriam Theo Van Gogh
"Der Tag, als Theo van Gogh ermordet wurde" Ein Film von Esther Schapira und Kamil Taylan
Montag, 2. November 2009 um 18.30 Uhr im SBZ Krähenfuß
[Ostfl¸gel der Humboldt-Universität zu Berlin]
Nach Ausstrahlung des Films "Submission" über die Unterdrückung der Frau
durch den Islam erhielt der Regisseur Theo van Gogh verstärkt
Morddrohungen. Am 2. November 2004 wurde er gegen neun Uhr in der
Amsterdamer Linnaeusstraat ermordet. Eine öffentliche Hinrichtung.
Van Gogh war mit dem Fahrrad unterwegs zu seinem Büro, als ihn ein Mann
auf einem Fahrrad einholt und sofort auf ihn zu schießen beginnt. Van Gogh
versucht noch, auf die andere Straßenseite zu flüchten. Er fleht den
Mörder noch an, ihn zu verschonen, aber der Mann schießt weiter. Dann
schneidet ihm der Attentäter die Kehle durch und heftet mit einem Messer
ein fünfseitiges Bekennerschreiben an den Körper. Nach der Tat flüchtet
der Täter. Später wird er von der Polizei nach einem Schusswechsel
verletzt festgenommen. Der Attentäter ist der zum Tatzeitpunkt 26 Jahre
alte Amsterdamer marokkanischer Herkunft, Mohammed Bouyeri, der in den
Niederlanden geboren wurde und aufgewachsen ist. Er besitzt die
marokkanische und niederländische Staatsbürgerschaft und galt als gut
integriert. War es also ein überraschender Amoklauf, die tragische Tat
eines psychisch gestörten jungen Mannes?
Esther Schapira schildert in ihrem Dokumentarfilm die Hintergründe dieser
öffentlichen Hinrichtung. Sie geht den Spuren des Mörders nach und
findet heraus, dass es sich bei Mohammed Bouyeri keineswegs um einen
Einzeltäter handelt, sondern dass er einer unter Beobachtung des
niederländischen Geheimdienstes stehenden Terroristenzelle angehörte.
Bouyeri hatte Kontakte bis in die oberen Ebenen der Al Quaida. Esther
Schapira zeigt aber auch, dass der Mord an van Gogh eigentlich Aryan Hirsi
Ali, einer holländischen Abgeordneten, Frauenrechtlerin und Feministin aus
Somalia galt, die mit van Gogh zusammen den Film "Submission" entwickelt
hatte.
Mit Theo van Gogh wurde nicht nur ein umstrittener Filmemacher ermordet,
sondern auch der Freiheit des offenen Wortes der heilige Krieg erklärt.
'Ein Mord wie der an Theo', sagt einer seiner besten Freunde im Film, 'ist
wirkungsvoller als jeder große Anschlag mit 200 Toten. Dieser eine
Anschlag hat das Leben sofort verändert, denn jetzt traut sich keiner mehr
so offen seine Meinung zu sagen wie früher.'
'Der Tag als Theo van Gogh ermordet wurde' ist eine beklemmende
Dokumentation über die erschreckende internationale Vernetzung des
islamischen Terrors und die zunehmende Angst, die Menschen verstummen und
die Gefahr herunterspielen lässt.
'Der Tag als Theo van Gogh ermordet wurde' spielt in Holland - aber das
ist Zufall, denn er hätte überall in Europa spielen können. Dieser Film
geht...sagen wir: alle an...
Eine Veranstaltung der HUmmel Antifa Flyer als [pdf] downloaden.
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Maiwoche 2009 - Kritik unerwünscht?
Islamkritik und die Debatte um "antimuslimischen Rassismus"
Veranstaltungsreihe aus drei Vorträgen und einer Podiumsdiskussion vom 7. Mai bis zum 16. Mai 2009
Islamkritik gegen deutsche Ideologie
Die diesjährigen Maiwochen setzen sich unter dem Titel "Kritik unerwünscht?" mit dem Islam und seinen linken Verteidiger_innen auseinander.
Wenn Islamisten auf institutioneller Ebene versuchen Kritik am Islam per se als Rassismus zu brandmarken, so z.B. geschehen auf der UN Konferenz gegen Rassismus in Durban 2001, sind sie damit nicht allein. Auch Linke debattieren gerne über "antimuslimischen Rassismus" oder "Islamophobie" und tragen so dazu bei, dass man nicht gegen den Islam und die in seinem Namen verübten Grausamkeiten redet, sondern nur noch darüber lamentiert, was man alles nicht sagen darf, um ja nicht des Rassismus, Sexismus oder Eurozentrismus verdächtig zu werden.
Schlechterdings offenbaren die dabei gegen Islamkritker_innen erhobenen Vorwürfe des Rassismus nicht selten die rassistischen Denkmuster derjenigen, die sie erheben, wenn z.B. Steinigungen von Ehebrecherinnen oder Genitalverstümmlungen als kulturelle Eigenarten verteidigt werden, oder den unter islamischer Herrschaft stehenden Menschen die Möglichkeit der Emanzipation abgesprochen wird.
Wenn jedoch vermeintliche Kritik so offensichtlich in ihr Gegenteil umschlägt und ihren Gegenstand statt ihn zu zerstören reproduziert, dann kann dies nicht durch Unwissenheit erklärt werden, sondern lässt auf tiefere Motive schließen.
Antirassismus und Antisexismus, die ohne die Aufklärung und das von ihr geforderte mündige Individuum unmöglich wären, wenden sich so gegen ihre eigene Grundlage indem sie für die islamischen Feinde des individuellen Glücks das Wort ergreifen. Wenn das Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin eine Konferenz unter dem Motto "Feindbild Moslem - Feindbild Jude" veranstaltet, ist das nicht nur eine Relativierung des Antisemitismus und eine Verhöhnung seiner Opfer, sondern auch eine intellektuelle Kapitulation vor seinem Gegenstand. Dem wollen wir in den Maiwochen eine Kritik des Islams und seiner linken Verteidiger_innen entgegensetzen.
Eine Veranstaltungsreihe der HUmmel Antifa, unterstützt u.a. von: Jungle World. Flyer als [pdf] downloaden.
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Review
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